München


Mit meiner Reisegesellschaft von Augsburg hieher war ich sehr wohl zufrieden. Der Postwagen war mit einigen Theatinermönchen 1, die ihrem Institut gemäß von der Vorsehung Gottes leben, aber auf alle Fälle den Beutel immer wohl gespickt haben, und einigen Kaufleuten angefüllt. Alle waren wackre Zecher und lustige Bursche, und die Mönche äußerten durch ihr Betragen, daß ihnen der bayrische Himmel ganz vorzüglich günstig sei. Sobald man über der Lechbrücke ist, muß man dem Wein gute Nacht sagen und sich an dem vortrefflichen bayrischen Bier halten, wovon die Maß nur drei Kreuzer kostet. Die Theatiner wußten immer vorher, auf welcher Station das bessere Getränke anzutreffen sei. Nach einigen tüchtigen Schmäusen fuhren wir, gleich einem Chor Bacchanten, unter Singen und lautem Gelächter in das schöne München ein.


Als ich vom Posthaus ins Wirtshaus kam, trat eine schöne Wirtin vor mich, sah mir sehr bedenklich ins Gesicht und tat verschiedene Querfragen, die ich wegen Mangel an Kenntnis der hiesigen Provinzialaussprache nur halb beantworten konnte. Da mir das viele Quästionieren 2 an Wirten unausstehlich ist, so sagte ich ihr etwas rauh, sie sollte mir geradezu sagen, ob ich auf einige Tage bei ihr Bett und Tisch haben könnte. Mit einiger Schüchternheit gab sie mir endlich zu verstehen, sie habe mich so halb für einen Juden angesehen und ich weiß nicht zu welchem Heiligen ein Gelübde getan, keinen Juden zu beherbergen. Bald hätte ich wieder die Türe in die Hand genommen, söhnte mich aber des andern Tages, als mein etwas zu großer Bart abgeschoren war, mit der hübschen Judenhässerin förmlich und feierlich aus und befinde mich jetzt recht wohl bei ihr.


Ungeachtet des starken Schmausens unterwegs hieher hatte ich doch Zeit genug, die Bemerkung zu machen, daß der Ackerbau in diesem Teil von Bayern lange nicht so gut bestellt zu sein scheint als in Schwaben. Ich habe sehr viele schwäbischen Dörfer gesehn, die viel eher Städte zu nennen wären als die elenden Dinge, die ich seit meinem kurzen Aufenthalt in Bayern unter diesem Namen zu Gesicht bekommen, und darunter waren Dörfer, wovon manches die sechs ersten um München her sehr weit voneinander zerstreuten Orter zusammengenommen an Mannschaft übertraf.


Ich bin mit dem Hof und dem Land noch zu wenig bekannt, um dir etwas Zuverlässiges davon sagen zu können. Ich gedenke mich eine ziemliche Zeit hier aufzuhalten und werde dir in gehöriger Ordnung meine Erkundigungen mitteilen. - Unterdessen besuche ich fleißig das hiesige deutsche Theater und bin nun eben aufgelegt, dich mit dem Zustand des dramatischen Teils der deutschen Literatur, insoweit ich ihn bisher habe kennengelernt, zu unterhalten.


Schon zu Straßburg erfährt man, wenn man die deutsche Sprache versteht, daß Deutschland seit einigen Jahren mit einer Art von Theaterwut befallen ist. Da werden die Buchläden von Zeit zu Zeit mit einem ungeheuern Schwall von neuen Schauspielen, Dramaturgien, Theateralmanachen, Theaterchroniken und Journalen überschwemmt, und in den Katalogen neuer Bücher nehmen die Theaterschriften allzeit richtig den dritten Teil ein. Ich halte selbst das Dramatisieren für die höchste Stufe der Dichtkunst, so wie das Geschichtemalen für den edelsten Teil der Malerei. Es soll uns den edelsten Teil der Schöpfung, den Menschen, in seinen mannigfaltigen Verhältnissen am anschaulichsten und mit der größten Wahrheit darstellen. Aber die Art Menschen, welche jetzt in den meisten deutschen Schauspielen herrscht, findet man unter dem Mond höchst selten, und wenn hie und da einer von dieser Art von ohngefähr erscheint, so nimmt die Polizei des Orts, wenn eine da ist, gewiß die Versorgung desselben über sich und tut ihn ins Toll- oder Zuchthaus.


Stelle dir vor, lieber Bruder, die jetzigen Lieblingscharaktere des dramaturgischen deutschen Publikums sind rasende Liebhaber, Vatermörder, Straßenräuber, Minister, Mätressen und große Herren, die immer alle Taschen der Ober- und Unterkleider voll Dolche und Giftpulver haben, melancholische und wütende Narren von allen Arten, Mordbrenner und Totengräber. Du glaubst es vielleicht nicht, aber es ist die Wahrheit, daß ich dir über zwanzig Stücke nennen kann, worin verrückte Personen Hauptrollen spielen und der Dichter seine Stärke in der Schilderung der Narrheit gesucht hat. Und was sagst du, wenn ich dich auf meine Ehre versichere, daß das deutsche Publikum, welches ich bisher zu kennen die Ehre habe, gerade die Stellen am stärksten bewundert und beklatscht, wo am tollsten geraset wird? - Man hat Stücke, worin die Hauptperson alle zwölf bis fünfzehn mitspielende Personen der Reihe nach umbringt und sich dann zur Vollendung des löblichen Werkes den Dolch selbst in die Brust stößt. - Es ist ausgemacht, daß die Stücke den meisten Beifall haben, worin am häufigsten geraset und gemordet wird, und verschiedene Schauspieler und Schauspielerinnen konnten mir nicht genug beschreiben, was sie für Not hätten, um auf verschiedene neue Arten sterben zu lernen. Es kommen Stellen vor, wo Leute unter abgebrochenen Reden und anhaltenden Konvulsionen eine halbe Stunde lang in den letzten Zügen liegen müssen, und das ist doch wahrlich kein geringes Stück Arbeit, einen solchen Tod gehörig zu soutenieren 3. Du solltest nur manchmal eine deutsche Schaubühne sehn, wo vier bis fünf Personen auf einmal auf dem Boden liegen und der eine mit den Füßen, der andre mit den Armen, der mit dem Bauch und jener mit dem Kopf seinen Todeskampf ringt und das Parterre unterdessen jede Zuckung der Glieder beklatscht.

Nach den Rasenden und Mördern behaupten die Besoffenen, die Soldaten und Nachtwächter den zweiten Rang auf der deutschen Bühne. Diese Personnagen entsprechen dem Nationalcharakter zu sehr, als daß sie einem deutschen Zuschauer auf der Bühne nicht willkommen sein sollten. Aber warum der phlegmatische Deutsche, der zu stürmischen Leidenschaften, zu rasenden Unternehmungen, zu starken tragischen Zügen so wenig Anlage hat, so verliebt in die Dolche, Giftmischereien und hitzige Fieber auf dem Theater ist, das konnte ich mir anfangs so leicht nicht erklären.

Auf der Seite des Publikums mag wohl der Mangel an mannigfaltigern Kenntnissen des bürgerlichen Lebens und am geselligen Umgang eine Ursache davon sein. Die verschiedenen Volksklassen kreuzen sich in den deutschen Städten nicht auf so verschiedene Art wie in den französischen. Alles, was Adel heißt, und wenn auch der Adel nur auf dem Namen beruhen sollte, und alles, was sich zum Hof rechnet, ist für den deutschen Bürger verschlossen. Seine Kenntnisse, seine Empfindungen von gesellschaftlichen Situationen sind also viel eingeschränkter als jene unserer Bürger. Er hat kein Gefühl für unzählige Verhältnisse des gemeinen Lebens, die der Bewohner einer mittelmäßigen französischen Stadt gehörig zu schätzen und zu empfinden weiß. Bei dieser Gefühllosigkeit für bürgerliche Tugenden und Laster, bei dieser Stumpfheit für die Verkettungen und Intrigen des gewöhnlichen gesellschaftlichen Lebens hat nun der deutsche Bürger natürlich zu seiner Unterhaltung im Theater Karikaturen und starke Erschütterungen nötig, da sich der Franzose mit einem viel feinern Spiel der Maschinen eines Theaterstückes begnügt und seine eigne Welt gerne auf der Bühne vorgestellt sieht, weil er sie kennt. Die Theaterstücke, welche man aus Sachsen bekommt, sind nicht so abenteuerlich und ungeheuer als die, welche in dem westlichen und südlichen Teil von Deutschland gemacht werden, weil ohne Zweifel mehr Aufklärung, Sittlichkeit und Geselligkeit unter den Bürgerständen daselbst herrscht und man also auch die Schattierungen der Auftritte des gemeinen Lebens besser fühlt als hier. Überhaupt ist hierzulande der große Haufen mehr Pöbel als in Frankreich, und bekanntlich lauft der Pöbel gerne zum Richtplatz und zu Leichen.


Auf der Seite des Dichters hat diese tragische Wut verschiedene Ursachen. Die meisten der jetzt lebenden deutschen Schauspielschreiber haben das mit dem übrigen Pöbel gemein, daß sie die Fugen und das Spiel des bürgerlichen Lebens gar nicht kennen. Viele derselben sind Studenten, die noch auf der Schule sitzen oder soeben davon zurückgekommen sind und das Schauspielmachen zu ihrem Metier erwählt haben. Da schmauchen sie ohne alle Weltkenntnis hinter ihrem Ofen, phantasieren sich in den Tobakswolken eine Riesenwelt, worin sie als Schöpfer handeln können, wie es ihnen beliebt, und ihren Kreaturen keine Schonung, keine Ausbildung, keine Polizei und keine Gerechtigkeit schuldig sind. Da ist es nun kein Wunder, daß aus diesen Wolken so viele Menschen ohne Köpfe und so viele Unmenschen mit Köpfen herausspringen. Sie suchen die tragische Stimmung des Publikums zu benutzen, um mit der größten Leichtigkeit ihr Brot zu gewinnen, denn, ohne auch das willkürliche Abenteuerliche in Anschlag zu bringen, so ist es doch allzeit leichter, eine Tragödie als eine Komödie von gleicher Güte zu machen.


Ein anderer Teil dieser Kothurnaten 4 läßt sich von dem herrschenden Geschmack verführen. Da trat vor einigen Jahren ein gewisser Goethe, den du ohne Zweifel nun aus einigen Übersetzungen kennst, mit einem Stück auf, das seine sehr große Schönheiten hat, aber im ganzen das abenteuerlichste ist, das je in der Theaterwelt erschienen. Ich brauche dir weiter nichts zu sagen, um dir einen Begriff davon zu geben, als daß der Bauernkrieg unter Kaiser Maximilian 5 mit brennenden Dörfern, Zigeunerbanden und Mordbrennern mit den Fackeln in der Hand auf die anschaulichste Art vorgestellt wird. Es heißt "Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand" und hat, verschiedenen Versuchen ungeachtet, zum großen Leidwesen des deutschen Publikums noch nicht auf das Theater gebracht werden können, weil die häufigen Veränderungen der Szenen, die erstaunlich vielen Maschinen und Dekorationen zu viel Aufwand erfodern und zwischen den Auftritten gar zu lange Pausen verursachen. Goethe ist wirklich ein Genie. Ich habe einige andere Theaterstücke von ihm gelesen und aufführen gesehen, worin man sieht, daß er die Menschen, die, wie er, auf ihren zwei Beinen gehen, in dem alltäglichen Leben ebensogut zu behandeln weiß als die, welche auf dem Kopf stehen. Mit Vergnügen sahe ich sein "Erwin und Elmire", eine sehr niedliche Operette, und seinen "Clavigo", ein Trauerspiel, wozu unser Beaumarchais 6 , wie du weißt, den Stoff gegeben. Dieses hat zwar auch seine starken Ausschweifungen, aber einem Genie ist alles erlaubt. - Nun drängte sich ein unzähliger Schwarm von Nachahmer um den Mann. Sein "Götz von Berlichingen" war ein magischer Stab, womit er einige hundert Genies auf einen Schlag aus dem Nichts hervorrief. Stumpf gegen die wahren Schönheiten des Originals, suchten die Nachahmer ihre Größe darin, die Ausschweifungen desselben treulich zu kopieren. Im "Götz von Berlichingen" wird mit jedem Auftritt das Theater verändert. Ein gutes Stück mußte also nun der Reihe nach wenigstens eine ganze Stadt durchlaufen, von der Kirche an, durch die Ratsstuben, Gerichtshöfe, über die Marktplätze bis zur Walstatt. Da Goethe etwas verschwenderisch mit den Exekutionen umging, so wimmelte es nun in der deutschen Theaterwelt von Scharfrichtern. Shakespeare, den Goethe vermutlich bloß aus Laune oder vielleicht in der guten Absicht, um seine Landsleute auf diesen großen Dichter aufmerksamer zu machen, in seinem "Götz" zum Muster genommen, Shakespeare war nun der Abgott der deutschen Theaterdichter; aber nicht der Shakespeare, welcher dir die Menschen wie Raffael 7 in jeder augenblicklichen Stimmung, in allen Nuancen der Handlungen, mit jeden Bewegungen der Muskeln und Nerven, mit jeder Schattierung der Leidenschaften, mit aller möglichen Wahrheit darstellt, sondern der Shakespeare, welcher aus Mangel einer Bekanntschaft mit andern Originalien und einer gehörigen Ausbildung sich mit aller Gemächlichkeit seiner Laune überließ, mit Flügeln seines Genies über Jahrhunderte und über ganze Weltkreise wegflog und sich im Gefühl seiner vorschwebenden Gegenstände um keine Einheiten und um keinen Wohlstand kümmerte. Ein Geschichtmaler kann unendlich stark im Ausdruck einzelner Personen oder Parteien sein und die anständige Zusammensetzung, das, was man Haltung heißt, und verschiedene andere Dinge vernachlässigen, aber wenn sein Schüler in Nachahmung dieser Nachlässigkeit seine Stärke sucht, so ist er wahrhaftig zu bedauern.


Die Regeln sind keine Sklavenfesseln für das Genie. Entweder trägt es sie wie Blumenketten, ungezwungen, leicht und mit Anstand, oder, wenn es den Wert dieses Schmuckes nicht kennt, wenn es in seiner natürlichen Wildheit auftreten will, so ersetzt es durch die unbändige Stärke, womit es seine Gegenstände umfaßt, die vernachlässigten Verzierungen. Aber solche stürmische Genien sind höchst selten und platterdings nicht zum Nachahmen in den Manieren gemacht. England hat seit so vielen Jahrhunderten nur einen Shakespeare, man muß sagen, ganz Europa hat nur einen hervorgebracht. Der größte Teil der kunsttreibenden Erdensöhne wird immer durch angestrengtes Studieren seine Größe suchen müssen, und die Regeln sind zur Prüfung des Studiums gemacht.


Dieser lächerliche Geschmack, durch die Vernachlässigung des Wohlstandes und der Regeln, durch affektierte Ausgelassenheit, abenteuerliche Situationen, abscheuliche Grimassen und erbärmliche Verunstaltungen glänzen zu wollen, hat seit dieser Zeit alle Teile des literarischen und kunsttreibenden Deutschlandes angesteckt. Man hat junge angebliche Genies in der Menge, die in ihren verschiedenen Fächern, in der Musik, in der Malerei, in andern Teilen der Dichtkunst, um so größer zu sein wähnen, je weiter sie sich von den Regeln entfernen und je weniger sie studieren. Die Alten dachten anders hierüber, und die Werke, welche sie uns hinterlassen haben, werden von diesen vorgeblichen Urgenien gewiß nicht verdunkelt werden. Virgil 8 verglich seine Produkten der unförmlichen Geburt einer Bärin, die bloß durch vieles Lecken eine Gestalt bekommen muß, und man sieht dem Terenz und Plautus 9 gewiß an, daß sie eine Szene ihrer Schauspiele nicht bei einer Pfeife Tobak vollenden konnten. - Du weißt, daß Shakespeare auch unter uns seit einiger Zeit seine Anhänger hat. Aber dazu wird es doch so leicht nicht kommen, daß seine Ausgelassenheit Regel wird, und wenn auch gleich Arnaud 10 den Ungeheuern den Weg auf unsere Bühne geöffnet hat, so sind sie doch bisher zu selten erschienen, als daß wir Gefahr liefen, die gewöhnlichen Menschen und unsere ehrlichen, bekannten Mitbürger durch dieselben davon verdrängt zu sehen.


In der deutschen Sprache machte dieser verdorbene Geschmack eine merkwürdige Revolution. Wenn man die Schriften eines Geßners 11 , Wielands und Lessings liest, so sieht man, daß die Sprache im Gang zu ihrer Ausbildung war und nach und nach die Ründung und Politur bekommen haben würde, die zu einer klassischen Sprache unumgänglich nötig ist. Aber den neugeschaffenen Genies war es nicht genug, in ihrer erzwungenen Wut einzelne Wörter zu verstümmeln, sondern sie gingen mit ganzen Perioden ebenso grausam um. Alle Verbindungswörter wurden abgeschafft und alle Gedankenfugen getrennt. In vielen neuern Schriften stehen die Sätze alle wie unzusammenhängende Orakelsprüche da, und man findet keine Unterscheidungszeichen darin als Punkten und !!! und ??? und - - -. Jeder wollte sich zu seinen anmaßlichen Urideen auch neue Wörter schaffen, und du müßtest dich krank lachen, wenn du gewisse literarische Produkte Deutschlands, die von vielen für Meisterstücke gehalten werden, kennen solltest.


Nun ist eben hiemit nicht gesagt, daß in Deutschland gar keine Leute von besserm Geschmack seien. Sie wurden nur überschrien, weil sie die geringere Zahl ausmachen, mit Gelassenheit und überzeugenden Gründen sprechen wollten, die andern aber ein betäubendes Geplärre begannen. Erst gestern sahe ich mit vielem Vergnügen ein neues kleines Stück aufführen, welches den Titel hat: "Geschwind, ehe es jemand erfährt", und welches sich durch die Simplizität der Handlung, durch sanftes und stilles Spiel seiner einfachen Maschine und besonders durch den reinen und runden Dialog ungemein ausnimmt. Ich sahe noch verschiedene andere Lust- und Trauerspiele vom ähnlichen Gehalt, aber das Parterre will geraset, gemordet, gedonnert und kanoniert haben, und die Schauspieler führen solche Stücke nur auf, um zu verschnaufen und zu neuen Rasereien Atem holen zu können.


Die hiesige Schauspielergesellschaft ist ohngefähr die sechste, die ich in Deutschland gesehen. Du wunderst dich über die Menge in dem kleinen Strich? Es dienet dir also zur Nachricht, daß seit verschiedenen Jahren in Deutschland unzählige kleine Haufen Komödianten, wie in Spanien und England, auf dem Lande herumziehen, oft in Scheunen und Ställen der Dörfer und Flecken ihre Bühnen aufschlagen und vom Dorfschulzen den Schlafrock und die Pantoffeln borgen, um einen Julius Cäsar in der Toga oder, welches ihnen eins ist, einen Sultan darin spielen zu können. In Schwaben sah ich vier solche Gesellschaften. Sie bestehen meistens aus verlaufenen Studenten und liederlichen Handwerksburschen, die bald auf dem Theater, bald unter den Soldaten, bald im Zuchthaus, bald im Spital sind. Die hiesige Schauspielergesellschaft ist weit über diesen Troß erhaben. Alle Glieder stehen in der Besoldung des Hofes, welcher die Einnahme der Entrees hat. Fast alle sind sehr artige,gebildete Leute, und in Rücksicht auf die Kunst übertreffen sie weit meine Erwartung. Ich wüßte nicht über drei bis vier Theater in Frankreich, die ich dem hiesigen vorzöge. Die Schauspieler genießen den Umgang der größten Leute des Hofes und haben also Gelegenheit, sich auszubilden. Wie widersinnig, daß dieser Umgang dem Dichter verschlossen ist, welcher ebensoviel dabei zu gewinnen hat als der Schauspieler!


Schon zu Straßburg hörte ich viel Gutes von Herrn Marchand 12 und seiner Gesellschaft. Er hatte daselbst verschiedenemal gespielt, als er noch kein beständiges Engagement hatte. Der Kurfürst nahm schon zu Mannheim seine Gesellschaft zu Hofschauspieler an und machte ihn mit einem ansehnlichen Gehalt zum Direkteur des Hoftheaters. Es war mir sehr angenehm, ihn persönlich kennenzulernen. Er ist ein Mann von Welt, sehr lebhaft und witzig, der zugleich seine Wirtschaft so gut verstund, daß er in den Gegenden des Unterrheins ein Kapital von ohngefähr 100.000 Livres zusammengebracht hat. Er sagte mir, wie viele Mühe er sich beim Antritt seiner Prinzipalität 13 gegeben, um seine Gesellschaft auf einen andern Fuß zu setzen, als worauf die meisten deutschen Schauspielergesellschaften damals standen. Er wählte sich nur gutgezogene Leute, zahlte sie sehr richtig aus und dankte sie bei einer Ausgelassenheit ebenso richtig ab. Dadurch erwarb er sich und seinen Leuten die Achtung des Publikums, welches anfangs die Schauspieler noch als unehrliche Leute betrachtete. Auch auf den Geschmack des Publikums verschaffte er sich Einfluß. Er gab nichts als sehr wohlgewählte übersetzte französische und englische Stücke nebst den bessern Originalien und wechselte zur Unterhaltung des Publikums mit unsern Operetten ab, die außer Paris gewiß nicht besser als bei ihm aufgeführt wurden. Nun riß aber auf einmal die tragische Wut und das Riesenmäßige in die deutschen Bühnen ein. Er kämpfte lange dagegen, mußte aber doch endlich dem Strom nachgeben. Da die Lungen seiner Leute an gewöhnliche Menschentöne gewöhnt waren und die starken Erschütterungen nicht aushalten konnten, welche zu der neuen Riesensprache, zu den erschrecklichen Rasereien und all dem Geheule nötig waren, so mußte er sich bei seiner Ankunft zu München auf Verlangen des Publikums einige neue Subjekte beschreiben, die im stundenlangen Sterben und Heulen geübt sind und im Ausreißen ihrer eingesteckten falschen Haare, im unerträglichsten Gebrülle und Händeringen mehr beklatscht werden als die andern im feinsten Ausdruck ihres Gegenstandes. Doch vermutlich ist der jetzige Geschmack nur eine vorübergehende Fieberhitze, die der guten Sache, dem gesunden Menschenverstand mit der Zeit Platz machen muß. Lebe wohl.


Ein Gemälde von bayrischen Charakteren und Sitten von Hogarths 14 Hand müßte äußerst interessant sein. In England sind die Extremen zwar auch nicht selten, aber Karikaturen, wie sie Bayern liefert, übertreffen alles, was man von der Art sehen kann. Du weißt, ich bin kein Maler, und wenn ich dir das Eigentümliche des Bayern in der Abstraktion gebe, so kann es natürlich das Leben nicht haben, welches ihm Hogarth in einer Gruppe oder Shakespeare in einem dramatischen Auftritt geben könnte. Doch ich will versuchen, was ich kann.


Um methodisch zu verfahren - denn du glaubst nicht, wie sich in allen Dingen eine verwünschte Methode an mich hängt, seitdem ich deutsche Luft atme - , so muß ich dir erst den Körper des Bayern voranatomisieren, ehe ich zur Zergliederung seines geistigen Wesens schreite. - Im ganzen ist der Bayer stark von Leib, nervicht und fleischicht. Man findet sehr viele schlanke und wohlgebaute Männer, die man in jedem Betracht schön heißen kann. Die roten Backen sind unter dem hiesigen Mannsvolk etwas seltener als in Schwaben, welchen Unterscheid vermutlich der Wein und das Bier verursachen.


Das Eigne eines Bayern ist ein sehr runder Kopf, nur das Kinn ein wenig zugespitzt, ein dicker Bauch und eine bleiche Gesichtsfarbe. Es gibt mitunter die drolligsten Figuren von der Welt, mit aufgedunsenen Wänsten, kurzen Stampffüßen und schmalen Schultern, worauf ein dicker, runder Kopf mit einem kurzen Hals sehr seltsam sitzt, und in diese Form pflegt gemeiniglich der Bayer zu fallen, wenn er mehr oder weniger Karikatur sein soll. Sie sind etwas schwerfällig und plump in ihren Gebärden, und ihre kleinen Augen verraten ziemlich viel Schalkheit. - Die Weibsleute gehören im Durchschnitt gewiß zu den schönsten in der Welt. Sie fallen zwar auch gerne etwas dick ins Fleisch, aber dieses Fleisch übertrifft alles, was je ein Maler im Inkarnat 15 geleistet hat. Das reinste Lilienweiß ist am gehörigen Ort, wie von den Grazien mit Purpur sanft angehaucht. Ich sah Bauernmädchen, so zart von Farbe und Fleisch, als wenn die Sonne durchschiene. Sie sind sehr wohlgebaut und in ihren Gebärden viel lebhafter und runder als die Mannsleute.


In der Hauptstadt kleidet man sich französisch oder glaubt wenigstens französisch gekleidet zu sein. Die Männer lieben noch das Gold und die bunten Farben zu viel. Die Kleidung des Landvolks ist abgeschmackt. Der Hauptschmuck der Männer ist ein langer, breiter, oft sehr seltsam gestickter Hosenträger, woran die Beinkleider sehr tief und nachlässig hangen, vermutlich um dem Bauch, welcher der Hauptteil eines Bayern ist, sein freies Spiel zu lassen. Die Weibsleute verunstalten sich mit ihren Schnürbrüsten, welche grade die Form eines Trichters haben, hoch über die Brust und Schultern heraufsteigen und oben ganz schnureben abgeschnitten sind, so daß man gar keine Wölbung der Achseln und des Halses sieht. Diese steife Schnürbrust ist vorne mit großen Silberstücken verblecht und mit dicken Silberketten überladen. Die Hausmütter oder die, welche dem Hauswesen vorstehn, tragen an vielen Orten ein dickes Gebund Schlüssel und ein Messer an einem Riemen, die fast bis zur Erde reichen.


Was den Charakter und die Sitten der Bayern betrifft, so können die Einwohner der Hauptstadt nicht anderst als sehr verschieden von dem Landvolk sein. Der Charakter der Münchner bliebe für mich ein Rätsel, und wenn ich auch noch viele Jahre hier wäre. Ich glaube mit allem Grund behaupten zu können, daß sie gar keinen Charakter haben. - Ihre Sitten sind so verdorben, als sie es in einem Gewirre von 40.000 Menschen sein müssen, die bloß vom Hofe leben und größtenteils auf Kosten desselben müßig gehn.


Unter dem großen Adel gibt es, wie überall, ausgebildete und sehr artige Leute; aber überhaupt genommen, ist er im ganzen Umfange des Wortes Pöbel, ohne alles Gefühl von Ehre, wenn nicht ein großer Titel und Bänder und Sterne ausschließlich Ehre heißen, ohne Erziehung und ohne Tätigkeit für den Staat, ohne alles Gefühl für sein Vaterland, ohne alle Empfindung von Großmut. Die meisten Häuser, von denen mehrere 15- bis 20- und einige auch wohl 30- bis 40.000 Gulden Einkünfte haben, wissen von gar keiner andern Verwendung ihres Geldes und von keinem andern Vergnügen, als welches Tisch, Keller, Spieltisch und Bette gewähren. Das Spiel hat schon viele gute Häuser hier zugrunde gerichtet. Das jetzt regierende Lieblingsspiel der Hofleute heißt Zwicken; seitdem aber der Finanzminister Hombesch die Besoldungen so erschrecklich zwickt, nennen sie es Hombescben. - Viele Hofdamen kennen außer dem Bette keine andre Beschäftigung, als mit ihren Papageien, Hunden und Katzen zu spielen. Eine der vornehmsten Damen, die ich kenne, hält sich einen großen Saal voll Katzen und zur Bedienung derselben zwei bis drei Zofen. Sie bespricht sich halbe Tage lang mit denselben, bedient sie oft selbst mit Kaffee und Zuckerbrot und putzt sie nach ihrer Phantasie täglich anderst auf.


Der kleine Adel und die eigentlichen Hofbedienten schleppen sich mit einer erbärmlichen Titelsucht. Ehe der jetzige Kurfürst hieher kam, wimmelte es hier von Exzellenzen, gnädigen und gestrengen Herren. Das Lächerliche der Titulatur fiel dem jetzigen Hof auf, weil sie zu Mannheim nicht üblich war. Es erschien eine Verordnung, welche deutlich bestimmte, wer Exzellenz, Euer Gnaden und Euer Gestrengen heißen sollte. Die, welche durch diese Verordnung entexzellenzt und entgnädigt wurden, und besonders die Weiber derselben, wollten verzweifeln. Zum erstenmal hörte man nun hier über Tyrannei klagen, von der man zuvor gar keinen Begriff zu haben schien, und der Hof hätte den gnädigen Herren ihr Brot, ihre bürgerliche Ehre und ihr Leben nehmen können, ohne sich diesen Vorwurf zuzuziehn.


Der übrige Teil der Einwohner lebt bloß, um zu schmausen und der zyprischen Göttin 16 zu opfern. Alle Abende ertönen die Straßen von dem Gesumse der Saufgelagen in den unzähligen Schenken, welches hie und da mit einem Hackbrett, einer Leier oder einer Harfe begleitet ist. - Wer nur ein wenig den Herrn machen kann, muß seine Mätresse haben; die übrigen tummeln sich um einen sehr wohlfeilen Preis auf den Gemeinplätzen herum. In diesem Punkt ist es auch auf dem Lande nicht besser. - Als im Bayrischen Krieg einige Rekruten zu einem französischen Korps kamen, welches in der Gegend von Augsburg stand, fragte ein Gascogner einen seiner Landsleute, der schon eine Kampagne in Bayern mitgemacht hatte, wie es daselbst um ein gewisses Bedürfnis stünde. "Oh!" antwortete dieser, "in Bayern findest du das größte Bordell von der Welt. Da zu Augsburg ist der Eingang und zu Passau die Hintertüre." - Ich habe die Anekdote von einem alten Offizier, und wenn sie gleich von einem Gascogner ist, so ist es doch sicher keine Gaskonade 17 .


Das Landvolk ist äußerst schmutzig. Wenn man sich einige Stunden weit von der Hauptstadt entfernt, sollte man die Höfe der meisten Bauern kaum für Menschenwohnungen halten. Viele haben die Mistpfützen vor den Fenstern ihrer Stuben und müssen auf Brettern über dieselbe in die Türe gehen. Viel lieber sehe ich die Strohdächer der Landleute in verschiedenen Gegenden Frankreichs als die elenden Hütten der bayrischen Bauern, deren Dächer mit groben Steinen belegt sind, damit die Schindeln nicht vom Wind weggetragen werden. So traurig das auch aussieht, so wohlfeil auch die Nägel im Lande sind und so oft auch von heftigen Sturmwinden halbe Dächer weggerissen werden, so läßt sich doch auch der reichere Bauer nicht bereden, seine Schindeln ordentlich nageln zu lassen. - Kurz, Liederlichkeit ist der Hauptzug des Bayern, vom Hofe an gerechnet bis in die kleinste Hütte.


Mit dieser großen Liederlichkeit kontrastiert ein ebenso hoher Grad von Bigotterie auf eine seltsame Art. - Ich komme in eine schwarze Bauernschenke, die in ein Gewölke von Tobakrauch eingehüllt ist und bei deren Eintritt ich von dem Gelärme der Säufer fast betäubt werde. Meine Augen dringen nach und nach durch den dicken Dampf, und da erblicke ich mitten unter fünfzehn bis zwanzig berauschten Kerlen den Pfarrer oder Kaplan des Orts, dessen schwarzer Rock ebenso beschmiert ist als die Kittel seiner geistlichen Kinder. Er hält gleich den übrigen einen Pack Karten in der linken Hand und schlägt sie mit der rechten einzeln ebenso gewaltig wie die andern auf den kotichten Tisch, daß die ganze Stube zittert. Ich höre sie die abscheulichsten Schimpfnamen einander beilegen und glaube, sie seien im heftigsten Streit begriffen. Endlich schließe ich aus dem Gelächter, welches das Schimpfen und Fluchen bisweilen unterbricht, daß alle die Sauschwänze, Hundsschwänze und dergleichen mehr eine Art von freundschaftlichen Begrüßungen unter ihnen sind. Nun hat jeder sechs bis acht Kannen Bier geleert, und sie fodern nacheinander vom Wirt einen Schluck Branntewein, um, wie sie sagen, den Magen zu schließen. Der gute Humor verläßt sie, und nun sehe ich auf allen Gesichtern und in den Gebärden ernstlichere Vorbereitungen zu einem Streit. Dieser fängt an auszubrechen. Der Pfarrer oder Kaplan gibt sich vergebens Mühe, ihn zu unterdrücken. Er flucht und wettert endlich so stark als die andern. Nun packt der eine einen Krug, um ihn seinem Gegner an den Kopf zu werfen; der andre lüftet die geballte Faust, und der dritte tritt die Beine aus einem Stuhl, um seinem Feind den Kopf zu zerschlagen. Alles schnaubt nach Blut und Tod. Auf einmal läutet die Abendglocke. "Ave Maria, ihr Sauschwänze", schreit der Pfarrer oder Kaplan, und alle lassen die Werkzeuge des Mordes aus den Händen fallen, ziehen die Mützen vom Kopf, falten die Hände und beten ihr Ave Maria. Das erinnerte mich an den Auftritt von Don Quichotte, wo er in der großen Schlägerei wegen dem Helm Mambrins und dem Eselssattel durch die Vorstellung der Verwirrung im agramantischen Lager auf einmal Friede machte. - Sowie aber das Gebet zu Ende ist, werden sie alle von der vorigen Wut wieder ergriffen, die nun um so gewaltiger ist, da sie auf einen Augenblick aufgehalten worden. Die Krüge und Gläser fangen an zu fliegen; ich sehe den Pfarrer oder Kaplan zu seiner Sicherheit unter den Tisch kriechen, und ich ziehe mich in das Schlafzimmer des Wirts zurück.


Ähnliche Auftritte findest du auch in den Landstädten unter den Bürgern, Beamten, Geistlichen und Studenten. Alles begrüßt sich mit Schimpfnamen, alles wetteifert in Saufen, und überall steht neben der Kirche eine Schenke und ein Bordell. Ein braver Student auf der Universität zu Ingolstadt muß einen dicken Dornknippel und den Hut abgekrempt tragen, seine acht bis zehn Maß Bier in einem Sitz verschlucken können und immer bereit sein, sich wegen nichts auf das Blut herumzubalgen. Eine Gesellschaft solcher Braven kam daselbst auf eine Erfindung, die mit einem Zug den bayrischen Charakter in ein sehr helles Licht setzt. Sie fanden es sehr beschwerlich, bei ihren Saufgelagen vom Tische aufstehen zu müssen, um wieder von sich zu geben, was sie verschluckt hatten. Der Wirt mußte ihnen also einen Trog unter den langen Tisch anbringen lassen, worin jeder sein Wasser ließ, ohne sich von der Stelle zu regen. - Sehr seltsame moralische Karikaturen liefern die bayrischen Mädchen. Da wühlt ein Pfaff mit der Hand in einem schönen Busen, der zur Hälfte mit des Mädchens Skapulier bedeckt ist. Dort sitzt ein schönes Kind und hält in der einen Hand den Rosenkranz und in der andern einen Priap 18 . Die fragt dich, ob du von ihrer Religion seiest; denn mit einem Ketzer wolle sie nichts zu schaffen haben. Jene hörst du mitten in der Ausgelassenheit von ihren geistlichen Brüderschaften, ihren gewonnenen und noch zu gewinnenden Ablässen und ihren Wallfahrten mit der Miene der Frömmigkeit sprechen, daß du ihr ins Gesicht lachen mußt. - Der glänzendste Auftritt von der Art geschah in der berühmten Marienkirche zu Öttingen, wo ein reicher Pfaff vor dem Altar der wundertätigen Maria in der Nacht eine Jungferschaft eroberte, auf die er schon lange Zeit Jagd gemacht und die er nicht anders als auf der Wallfahrt erbeuten konnte.


Mit der Liederlichkeit und Andächtelei vereinigt das Landvolk eine gewisse wilde Tapferkeit, die oft sehr blutige Auftritte veranlaßt. Wenn sie eine Kirchweihe oder sonst eine öffentliche Lustfeier loben wollen, so sagen sie: "Da ging's lustig zu; es sind vier oder sechs tot- oder zu Krippel geschlagen worden"; und wenn es ohne Mord und Blut abläuft, so heißt das Fest eine Lumperei. - Im vorigen Jahrhundert und noch zu Anfang des jetzigen behaupteten die Bayern den Ruhm der besten deutschen Truppen. In der berühmten Schlacht bei Höchstädt 19 standen sie noch und hielten sich für Sieger, als ihr Kurfürst, der an ihrer Spitze stand, die Nachricht bekam, daß die Franzosen auf dem andern Flügel geschlagen wären. Unter Tilly und Mercy 20 haben sie Wunder getan. Aber seitdem sich die Kriegszucht so sehr geändert hat, sind sie keine Soldaten mehr. Kein Volk kann mehr Abscheu gegen alles haben, was Zucht und Ordnung heißt, als die Bayern. Zu Parteigängern, denen das Rauben, Plündern und alle Ausschweifungen mehr erlaubt sind als den regulierten Truppen, mögen sie noch vortrefflich sein. Es ziehen wirklich gegen tausend Bursche in verschiedenen Räuberbanden im Lande herum, die ohne Zweifel im Krieg ein sehr gutes Streifkorps sein würden. Man hat Beispiele, daß sich einige mit ihren kühnen Anführern bis auf den letzten Mann gegen das Militär verteidigt haben. Aber auch der ärmste Bauersjunge hält es für eine große Strafe, wenn er unter die regulierten Truppen seines Fürsten gezogen wird.


Dagegen sind die Einwohner der Hauptstadt das weichste, furchtsamste und kriechendste Volk von der Welt, ohne alle Schnellkraft, und die oft ins Grobe fallende Freimütigkeit, welche noch der schönste Zug im Charakter des Landvolks ist, sucht man in der Stadt umsonst. Als die Münchner unter der vorigen Regierung zu den Füßen eines despotischen Ministers krochen und nur allenfalls im Dunkeln zu murren sich getrauten, äußerte das Landvolk sein Mißvergnügen mit einer Freiheit, die für den Despoten fast sehr schlimme Folgen gehabt hätte. Nur die unbegrenzte und unbeschreibliche Liebe der Bauern zu ihrem Fürsten konnte sie dazu bewegen, daß sie auf einen Befehl des Jägermeisters die Zäune ihrer Felder niederrissen, um das Wild darauf weiden zu lassen. Mit Entzücken sprachen sie von den guten Eigenschaften ihres Herrn, vergaßen aber seine Fehler nicht, sondern suchten sie zu entschuldigen und warfen ohne alle Zurückhaltung den schwersten Fluch auf die Bedienten desselben, und so gaben sie jedem Fremden ein treues Gemälde des Hofes, während daß die Tyrannen des Landes von den Einwohnern der Stadt in Zueignungsschriften von Büchern, in Gedichten und öffentlichen Unterredungen zum Himmel erhoben wurden. - Auch die jetzige Regierung und den Hof hörst du vom Landvolk viel richtiger beurteilen als von den Stadtleuten. Ich könnte weder vom Fürsten noch seinen Bedienten die geringste Nachricht einziehen, wenn ich nicht mit einigen fremden Künstlern bekannt wäre, die zum Hofe gehören und sich um den Zustand desselben mehr interessieren als die Eingebornen, die bei ihren Bierkrügen eilfe gerad sein lassen. In Paris kennt jeder Schuhputzer alle Großen des Hofes, interessiert sich um ihr Privatleben so gut als um ihr politisches und lobt oder tadelt sie nach seinen Einsichten. Aber hier kannst du zu sehr vielen Hofräten und Sekretären kommen, welche von den Großen ihres Hofes platterdings nichts als den Namen kennen. Leb wohl.


Du hast recht, daß sich der hiesige Hof sehr wichtig machen könnte, wenn er von seinen Kräften Gebrauch zu machen wüßte. Er kann sich mit dem König von Dänemark messen, und Schwedens Macht ist nicht viel ansehnlicher als seine. Wenn man die Lappländer und die übrige fast ganz unbrauchbare Menschen von der Summe der Untertanen dieser nordischen Mächte abzieht, so werden sie an Mannschaft vor dem hiesigen Hof wenig voraushaben. Bayern hat 1.180.000, die Pfalz am Rhein 280.000, und die Herzogtümer Jülich und Berg zählen ohngefähr 260.000 Menschen. Die Zahl der sämtlichen Untertanen des hiesigen Hofes beträgt also ohngefähr 1.720.000. In einigen öffentlichen Blättern wird sie nur auf etliche und 1.400.000 angegeben, aber ohne Zweifel sind die Untertanen in den westfälischen Staaten des Kurfürsten in dieser Summe nicht mitbegriffen.


Über die Einkünfte des Hofes ist man weder hier noch in den öffentlichen Nachrichten einig. Der sehr fleißige und in den meisten Stücken sehr richtige Herr Büsching 21 sagt in der neuesten Ausgabe seiner vortrefflichen "Erdbeschreibung", er habe von guter Hand, die Einkünfte aus Bayern beliefen sich auf acht Millionen rheinische Gulden. Dieses stimmt mit der mäßigsten Angabe der hiesigen Hofleute überein. Ich habe dir aber in meinem letzten Brief gesagt, daß sehr wenige derselben mit dem Zustand des Hofes bekannt sind. Ich bemerkte auch, daß alle aus einer dummen Prahlerei die Summe der Einkünfte zu vergrößern suchten. Leute, die allem Anschein nach die Sache genau wissen konnten, wollten mich bereden, der Hof habe zwölf bis sechzehn Millionen Gulden jährlicher Einkünfte. Ich sah, daß es unmöglich war, anders hinter die Wahrheit zu kommen, als wenn ich mich an den gehörigen Orten teilweise um den Zustand der Finanzen erkundigte, und so brachte ich nach langem Forschen mit ziemlich viel Gewißheit heraus, daß die sämtlichen Einkünfte aus den Steuern, Zöllen, Akzisen 22, Domänen 23, Forsten, Bergwerken usw. kaum fünf Millionen Gulden betrügen. In dieser Summe ist einer der wichtigsten Artikeln, der Handel mit dem salzburgischen und Reichenhaller Salz, nicht mitbegriffen. Dieser wird von einigen auf zwei Millionen gesetzt, aber höchstwahrscheinlich beläuft er sich nicht über eine Million Gulden. Man kann also die sämtlichen Einkünfte von Bayern am sichersten auf sechs Millionen Gulden setzen. - Die Einkünfte aus der Pfalz am Rhein belaufen sich ohngefähr auf 1.700.000, die aus den westfälischen Landen auf 1.500.000 Gulden, so daß der Hof in allem jährlich ohngefähr 9.200.000 Gulden oder 20 Millionen Livres aus seinen Staaten zieht. - Du siehst, daß die Einkünfte der Rheinlande des Kurfürsten etwas mehr als die Hälfte des Einkommens aus Bayern betragen, obschon die Zahl der Einwohner derselben nicht gar die Hälfte der Einwohner Bayerns ausmacht; aber sowohl dieser Unterschied als auch jener, den der einträgliche bayrische Salzhandel verursacht, wird durch die bessere Benutzung besagter Lande, durch den fleißigern Anbau, durch die größern Auflagen, durch das lebhaftere Gewerbe der Einwohner, besonders jener in den westfälischen Staaten, und durch die sehr einträglichen Wasser- und Landzölle überwiegend gehoben.


Wäre Bayern nach dem Verhältnis seiner Größe so gut bevölkert und gebaut als die mit ihm verknüpften Rheinlande, so müßte es drei bis vier Millionen Gulden mehr eintragen. Ich habe dir schon gesagt, daß es 729 Quadratmeilen enthält. Der Umfang der Rheinpfalz und der Herzogtümer Jülich und Berg zusammengenommen beträgt kaum 240 Quadratmeilen, und ob er gleich noch nicht den dritten Teil der Größe Bayerns ausmacht, so zählt er doch beinahe halb soviel Einwohner und wirft mehr dann halb soviel ab als Bayern.


Diesen Unterschied macht hauptsächlich das unselige Mönchswesen, welches der stärkern Bevölkerung und bessern Aufklärung, dem Kunstfleiß und dem Anbau der Ländereien in Bayern überall im Weg steht. Dieses Land mästet ohngefähr 5.000 Mönche in zweihundert Klöstern, deren verschiedene 30- bis 40.000 Gulden Einkünfte haben. Das Kloster Niederalteich soll jährlich über 100.000 Gulden verschlingen. Ohne zu übertreiben, kann man alle Einkünfte der Stifter und Klöster dieses Landes auf ohngefähr zwei Millionen Gulden schätzen, welches ein Dritteil von dem Einkommen des Hofes ist.


Der Schaden, welchen die Möncherei in dem Lande anrichtet, ist auf den größern Bauernhöfen, in den sogenannten Einöden, am sichtbarsten. Um die Söhne dieser großen Bauern bewerben sich die Klöster am meisten, weil sie mit jedem ein-, zwei-, drei- und mehrere tausend Gulden erhaschen. Dadurch wird zum großen Nachteil des Staates die Verteilung dieser weitläufigen Ländereien gehindert, die wegen ihrer Größe immer nur zur Hälfte recht gebaut werden. An den Söhnen der ärmern Landleute, welche in die Klöster gehn, verliert der Staat wohl auch etwas, aber bei der jetzigen Verfassung könnten diese armen Studenten doch weiter nichts als Soldaten, müßige Schreiber oder Komödianten werden. - Der Hang zum Müßiggehen, zum Schmausen und zur Bettelei, welcher durch ganz Bayern herrscht, wird durch das Beispiel der fetten Mönche erhalten und geheiligt. Das Volk beneidet sie durchaus um ihren seligen Müßiggang. - Die Gaukeleien, die Bruderschaften, Kirchenfeste und Winkelandachten dieser heiligen Marktschreier beschäftigen den großen Haufen so sehr, daß er den dritten Teil seiner Zeit an sie verschwendet. - Ihr Interesse rät ihnen, das Volk in dem Grad von Dummheit zu erhalten, der zu ihrem Gedeihen nötig ist, und deswegen liegen sie immer gegen alles, was gesunde Vernunft und Aufklärung heißt, mit unbeschreiblicher Wut zu Felde. Ihnen allein hat man die entsetzliche Verwilderung der Sitten in Bayern zu verdanken. Sie haben ihre Kapuzen zum Wesen des Christentums und der ganzen Moral gemacht. Sie predigen nichts als die ihnen sehr einträgliche Messe, den Rosenkranz, das Skapulier und die lächerlichen Leibskasteiungen, wodurch sich so mancher Dummkopf den Namen eines Heiligen erworben hat. Der betrogne Landmann glaubt mit der Beicht und einer Messe um dreißig Kreuzer die gröbste Sünde tilgen zu können und hält das sinnlose Beten des Rosenkranzes für seine wesentlichste Pflicht.


So beträchtlich die Anzahl der Mönche, so gering ist jene der Landpriester, die doch das meiste zur sittlichen Bildung des Volks beitragen könnten und sollten, und diese werden von dem großen Haufen in seinen Begriffen weit unter die Mönche gesetzt, weil ihre Kleidung und ihr Betragen nicht so seltsam ist als jenes der Mönche. Aber so, wie die Landpriester überhaupt in Bayern wirklich beschaffen sind, verdienen sie auch nicht mehr Achtung als die Mönche. Die meisten ehedem landesfürstliche Domänen waren, die in nichts als die schwarze Farbe ihrer Kleider, eine kostbarere Tafel und eine schönere und besser gekleidete Haushälterin. Im übrigen sind sie ebenso liederlich, ungezogen und unwissend. - Es gibt Pfarreien von drei bis vier Stunden in die Länge und Breite und von 4- bis 6.000 Gulden Einkünften. Wie nützlich wäre es dem Lande, wenn solche Pfarreien in fünf bis sechs kleinere zerstückt und mit einer bessern Zucht von geistlichen Hirten besetzt würden! Man müßte aber zugleich den Mönchen verbieten, sich in die Seelsorge einzumischen, oder, welches wohl das ratsamste wäre, aber unter der jetzigen Regierung nicht zu erwarten ist, man müßte sie mit Stumpf und Stiel zu vertilgen suchen.

Wenn man die Güter der Klöster einzöge, wie denn die meisten ehedem landesfürstliche Domänen waren, die in melancholischen Stunden, worin die Fürsten Vormünder nötig hatten, verschenkt wurden, und wenn man alle Fremde ohne Unterschied der Religion unter annehmlichen Bedingungen zum Kauf derselben zuließe, so könnten die Staatsschulden in sehr kurzer Zeit getilgt werden, und das Land würde gar bald eine ganz andre Gestalt gewinnen. Aber Karl Theodor ist von diesem Entschluß so weit entfernt und kennt sein eignes Interesse und das seiner Staaten so wohl, daß er in der Rheinpfalz ein neues Nonnenkloster stiftet und die Güter der Exjesuiten einer andern Art Mönche, den Malteserrittern, schenkt. Was sagte man von dem Privatmann, der voll Schulden wäre und noch Vermächtnisse in die Kirche machte? - Doch hier ist das Räsonieren sehr übel angebracht.


Die schädliche Größe vieler Bauergüter in Bayern brachte mich auf eine Betrachtung, die wohl verdiente, von einem größern Politiker, als ich bin, etwas genauer erwogen zu werden. - Ich teile die freien Bauern in drei Klassen: 1) in die, deren Güter zu klein sind, um davon leben zu können, und die noch andern dienen müssen, um ihren völligen Unterhalt zu gewinnen, 2) in solche, welche von ihrem Eigentum hinlänglich bestehen können, und 3) in die, welche mehr besitzen, als zum gemächlichen Unterhalt einer Familie nötig ist, und die man eigentlich mehr oder weniger reiche Bauern nennt. - Beim ersten Anblick scheint das Steuern der Güter nach der Schatzung 24 einzelner Grundstücke und gewissen Prozenten sehr billig angelegt zu sein. Kauft der Bauer ein neues Grundstück, so steuert er nach der Schatzung desselben sein gewisses Prozent, und so steigen seine Abgaben verhältnismäßig mit der Zahl der Morgen Landes, die er besitzt. - Bei genauer Untersuchung finde ich aber, daß es ein großer statistischer Rechnungsfehler ist, wenn der Bauer, der zu seinem Unterhalt nicht genug besitzt, verhältnismäßig ebensoviel von seinem Gut zahlen soll als der, welcher von seinen Besitzungen sein gemächliches Auskommen hat, und wenn dieser jenem, der übermäßig reich ist, in den Prozenten von den Grundstücken gleich gehalten wird. - Es ist ein politisches Axiom, daß drei oder vier wohlhabende Bürger einem Staat viel schätzbarer sein müssen als ein reicher, wenn auch das Kapital des letztern das Vermögen der erstern weit überwiegen sollte. Eine ganz gleiche Verteilung der Güter und des Geldes in einem Staat, wenn sie möglich wäre, würde Raserei sein, aber in der Überzeugung, daß sie platterdings unmöglich ist, muß jeder kluge Regent doch immer so handeln, als wenn sie möglich wäre. Die unglücklichsten Staaten sind die, worin zu großer Reichtum mit zu tiefer Armut der einzeln Glieder zusammen absticht. Es kann nicht lange dauern, so muß ein Teil der Einwohner derselben Despoten und der andre Sklaven sein. Wahre freie Leute werden von einem solchen Staat wie von einer tobenden Gärung ausgeworfen oder verzehrt. - Ein übermäßig reicher Bauer verschlingt nach und nach alle Armen in seinem Bezirke. Er leiht Gelder auf die Grundstücke der Ärmern, benutzt die Mißjahre, um ein Gütchen vom Nachbar wohlfeil zu erschnappen, und wenn er kein ehrlicher Mann ist, so kann er sich noch durch unzählige Kniffe in Besitz eines für ihn wohlgelegenen Stück Landes setzen. In einigen republikanischen Staaten sah ich mit Entsetzen, wie einige reiche Bauern auf die Art eine ganze Gemeinde zugrunde richten und die Tyrannen ihrer Mitbürger werden können. In monarchischen Staaten ist das Übel so groß nicht, aber doch immer beträchtlich genug, um mit allen Kräften dagegen zu arbeiten.


Man erwäge die Vorteile, die ein reicher Bauer von einem und dem nämlichen Grundstücke im Vergleich mit einem mittelmäßigen oder armen ziehen kann. Der Arme muß den Ertrag desselben sobald als möglich und gemeiniglich unter dem Preis verkaufen, weil ihn seine Gläubiger drängen. Der Mittelmäßige kann auch nicht lange aufspeichern, weil er Gefahr liefe, Geld zu leihen und durch die Interessen das wieder verlieren zu müssen, was er durch das Aufspeichern vielleicht gewinnen könnte. Aber der Reiche macht seine Spekulationen, und selten schlägt er um den Preis los, worum die andern ihren Schweiß verkaufen müssen. Er kauf t in der Gegend von den Kleinern das Getreide auf, oder er hat ihnen vor der Ernte Geld vorgeschossen, und sie müssen es ihm um den Preis lassen, den er selbst setzt, und so verteurt er selbst zu seinem Vorteil das Getreide in seinem Bezirke. Bei einer Überschwemmung, bei einem Hagelwetter bleibt dem geringern Bauern oft nicht die Saat auf das künftige Jahr übrig. Das Stück Landes liegt brach, und wenn es der Reiche besitzt, wird es nun mit zwei-, dreifachem Gewinn gebaut, und so wird dieser auf Kosten des Armen und auf Kosten des Staates immer reicher, bis endlich, nachdem er zum großen Nachteil der Bevölkerung ein Dutzend kleine Bauern verschlungen, sein Herr Sohn, der unterdessen studieren mußte, kein Bauer mehr sein will, sich in die Stadt setzt, sein Gut verpachtet und dem Staat einen Müßiggänger mehr liefert.


Sollte der Reiche nicht für alle diese Vorteile, die er von dem nämlichen Grundstücke zieht, das sein ärmerer Nachbar so gut als er besitzen kann, dem Staat etwas mehr entrichten? Kann der Staat gleichgültig dabei sein, wenn die zahlreichste und nützlichste Klasse des Volks sich zum Teil unter sich selbst aufreibt und ein reicher Bauer bei einer Vergrößerung seiner Ländereien einen Eigentumsherrn zu einem Taglöhner macht?


Ich finde es höchst billig, daß in der Anlage der Steuer auf die Verschiedenheit der Bauern Rücksicht genommen werde. Der Arme soll nach dem Verhältnis von einem Grundstück nicht so viel zahlen als der Wohlhabende und dieser nicht so viel als der Reiche. Der Staat muß es dem erstern zu erleichtern suchen, wohlhabend zu werden, und dem letztern wehren, sich zum Nachteil der Bevölkerung noch mehr zu vergrößern. Ich würde also in meiner Republik, die, noch ungebildet, als Chaos im unendlichen leeren Raum schwimmt, ungefähr ein Mittel bestimmen und in der Steueranlage die Prozente im Verhältnis so steigen lassen, je weiter das Vermögen an Grundstücken eines einzeln Bauers über dieses Mittel hinaufgeht oder unter dasselbe fällt; z. B. in meiner Republik wäre ein wohlhabender Bauer der, welcher dreißig bis fünfzig Morgen Landes oder, kürzer, für 4- bis 6.000 Gulden Güter besitzt. Nun sollte jeder, der unter 4.000 Gulden Vermögen hat, ein Prozent, der, welcher zwischen den Drei- und Fünf- bis Sechstausenden schwebt, zwei, jener, welcher mehr besitzt, drei, und, wer doppelt soviel besitzt, vier Prozent von dem bezahlen, was über das Mittel hinaufsteigt. Beim Ankauf eines Grundstückes hätte dann der Arme gegen den Wohlhabenden und dieser gegen den Reichen einen sehr billigen Vorteil. Es ist wahr, es gäbe meinen Beamten etwas mehr zu rechnen, und es müßte mit den Urbarien 25 etwas seltsam umgesprungen werden; aber dafür laß mich nur sorgen, wenn ich erst einmal meinen Staat auf sicherm Grund und Boden habe.


Um also wieder auf unser Bayern zu kommen, so wirst du dir ziemlich deutlich vorstellen können, wie wenig es das noch ist, was es sein könnte. Wären die Schulden getilgt, so könnte der Kurfürst nach der Zahl seiner Untertanen und seinen Einkünften leicht 40- bis 45.000 Mann auf den Beinen halten, und wäre dieser Teil seiner Besitzungen so angebaut wie seine Rheinlande, so könnte er wohl eine Armee von 60.000 Mann unterhalten und sich von den mächtigsten Häusern sehr viel Hochachtung verschaffen. Wenn sein Nachfolger zur Regierung kömmt, so wird das Ganze durch das Herzogtum Zweibrücken um ein beträchtliches vermehrt, und vielleicht wird dann auch die Wirtschaft besser. Leb wohl.








1Mönchsorden, der sich der Seelsorge und der Krankenpflege widmet

2neugieriges Ausfragen

3behaupten

4Theaterdichter

5das stimmt nicht, 1525 gab es keinen Kaiser dieses Namens

6franz. Schriftsteller, schrieb den Text zu Mozarts "Figaro", + 1799

7ital. Maler, + 1520

8römischer Dichter

9römische Schriftsteller des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts

10franz. Dramatiker, + 1805

11Verleger und Schriftsteller, + 1788

12Theaterdirektor in Mannheim und München, +1800

13Prinzipal - Theaterdirektor

14engl. Maler und Kupferstecher, + 1764

15fleischfarbener Ton auf Gemälden

16Aphrodite, die Göttin der Liebe

17Übertreibung

18erektierter Penis aus Holz, Stein oder Leder

191704

20Feldherren des Dreißigjährigen Krieges

21Geograph in Berlin, + 1793

22Luxussteuer

23landwirtschaftliche Güter, die dem Fürsten oder dem Staat gehören

24Erwerbssteuer

25Grund-, Hypotheken und Grundsteuerbuch